Baujahr: 1900 | Bauherr: Maximilian Lorenz, Baumeister | Entwurf: Maximilian Lorenz, Baumeister
Entwurfszeichnung
Eierstabmotiv im Leistenstuck an der Fassade
Die Fassade vor der Sanierung
Die heutige Kaiserstraße stellt eine markante Achse im Plauener Stadtbild dar. Bis Mitte der 1880er Jahre hieß sie Rähnisstraße und führte von der Reißiger Straße bis an die obere Bahn zur
Nordstraße. Erst als sich der boulevardartige Charakter herausbildete, entschied man sich für einen Namenstausch. So bekam die Rähnisstraße den Namen Kaiserstraße und umgekehrt. 1900 errichtete
Baumeister Lorenz an der Ecke Bergstraße ein im Neorenaissance Stil gehaltenes Geschäftshaus. Angelegt war das Gebäude vorrangig als Mietobjekt für Textilfirmen. Nach Fertigstellung produzierte
im Souterrain und Parterre die Firma Carl Nottrott Spachtelgardinen. Das 1. OG mietete Georg Denker mit seiner Spitzenmanufaktur und das 2. OG bezog William Franke mit seiner Spitzenfabrik. In
den weiteren Obergeschossen wurde Wohnraum eingebaut. Ausgestattet war das Bauwerk mit moderner Aufzug- und Elektrotechnik. Die Konstruktion ruht dabei statisch auf Gussstahlsäulen. Äußerlich
sind die Fassaden verputzt. Die Gewände und der ursprünglich vorhandene Erkerturm sind im roten Porphyrgestein gestaltet. 1903 verkaufte Lorenz das Gebäude an die 1893 gegründete Gardinenfabrik B
& D Mayer, die die unteren Etagen dabei selbst bezog.
B & D Mayer war zur damaligen Zeit mit seinen Renaissance- und Tüllgardinen einer der Branchengrößen. Später ließ sich die Firma an der Hegelstraße 64 ein großes Fabrikgebäude in Stahlbeton
errichten. 1920 lautete der Firmenname dann B & D Mayer, Weberei Deutscher Gardinen. Der Erfolg war jedoch, wie in allen Vogtländischen Textilbetrieben, nicht von langer Dauer. Absatzprobleme
durch modische Umbrüche und die allgemeine weltwirtschaftliche Lage zwangen letztendlich alle Textilfirmen zur Drosselung ihrer Produktion. Um die Gebäudesubstanz zu erhalten, waren die ersten
Schritte die der Untervermietung. So wurden mit den Firmen Sachs & Joram, Hans Lange & Co. und den Deutschen Orthopädie Werken Mieteinnahmen generiert. Außerdem wurden, wie sich in
diversen Schreiben der Bauakte nachvollziehen lässt, Abstell- und Nebenräume illegal untervermietet. Zeitweise bewohnten „5 Familien mit zusammen 22 Köpfen” den Bodenkammerbereich. Hinzu kamen
herumliegende, leicht brennbare Materialien und unzulässig aufgestellte Öfen, so die Meldung eines Blockwarts an die Ortsgruppe Plauen des Reichsluftschutzbundes. 1936 ging B & D Mayer in
Konkurs. Der eingesetzte Generalbevollmächtigte Erich Harschig ließ das Gebäude mittels einer Räumungsklage leerziehen. Die Firma Straub & Co., die 1938 neuer Eigentümer wurde, nahm bauliche
Veränderungen vor, bei der auch die Fassaden neu abgeputzt und gestrichen wurden. Während der Luftangriffe 1945 erhielt das Dachgeschoss einen Treffer. Die Zerstörungen hielten sich jedoch in
Grenzen, sodass 1948 die Kirchliche Gemeinde Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage anfragte, das Obergeschoss zu Versammlungszwecken zu nutzen. Für eine erste notdürftige Instandsetzung kam
die Gemeinde selbst auf. 1956 bildete sich aus verschiedenen Kleinbetrieben der VEB Vogtlandspitze, der infolge starken Wachstums nach geeigneten Räumlichkeiten suchte. Die ehemaligen Besitzer
waren unterdessen nach Westdeutschland verzogen und nicht mehr greifbar. 1960 konnte der VEB Vogtlandspitze das Gebäude käuflich erwerben und es auf seine Bedürfnisse umbauen. Bis in die
Nachwendezeit blieb das Gebäude mit dem VEB VOWETEX der Textilindustrie verpflichtet. Im Juli 2014 gelangte das Haus in die bundesweiten Nachrichten. Ermittler der Kriminalpolizei entdeckten eine
professionell betriebene Cannabisplantage. Die festgenommen Männer hatten 1.750 Pflanzen im Wert von 80.000 € angebaut (Quelle: Vogtland-Anzeiger). 2015
kaufte die Frank Müller GmbH das Gebäude und führte es mit dem Einbau hochwertiger Wohnungen wieder einer anständigen Nutzung zu.