Baujahr: 1901 | Architekt: Carl Brandt | Bauherr: Albin Richard Leupold
Die Villa in den 1990er Jahren
Briefkopf der Fa. Gebrüder Leupold, 1909
Am 09. Juli 1901 erschien beim Plauener Bauamt Gustav Adolf Leupold und reichte für sich und seinen Bruder Albin Richard Zeichnungen für die Erbauung zweier Villen ein. Beide stammten aus Falkenstein und waren Inhaber der Gardinenfabrik Gebrüder Leupold, Annenstraße 25/27, die schon 1876 gegründet wurde. Mit Ihren Niederlassungen in Hamburg, Berlin, Köln, Elberfeld und Kopenhagen, gehörten sie zu den einflussreicheren Plauener Textilfabrikanten.
Für die Erbauung der Villa Schminckestraße 6 wurde der Architekt Carl Brandt, der schon mehrfach im Auftrag Plauener Fabrikanten Entwürfe verfasste, beauftragt. Der Entwurf sah neben dem Villengebäude auch eine Remise (Wirtschaftsgebäude) und eine großzügig angelegte Parkanlage vor. Die Gestaltung der Fassaden erfolgte im barocken Jugendstil. Halbkreisförmige Verdachungen der Giebelaufbauten, das dekorierte Rundfenster mit Fratzenmotiv, ein Gaffkopf im rechten Giebelabschluss und die balustradenförmigen Brüstungen unterstrichen diese Einflüsse deutlich. Weiterhin waren Zierfachwerk, die hölzerne Eingangsüberdachung, ein polygonaler Eckturm und ein Wintergarten prägende Gestaltungselemente. Das Raumaufteilung der Villa folgte dabei dem für damalige Verhältnisse üblichen Grundriss. Von der zentral angeordneten Diele gelangte man in alle Räume. Das Salonzimmer war über Schiebetüren mit dem Speise- und Wohnzimmer verbunden. Das Obergeschoss verfügte neben dem elterlichen Schlafzimmer über Frühstückszimmer, Herrenzimmer, Ankleide und Zimmer des Sohnes. Im Dachgeschoss befanden sich das Fremdenzimmer, die Mädchenkammer, ein weiteres Zimmer für den Sohn und mehrere Kammern. Als gestalterischer Höhepunkt galt das Treppenhaus mit seiner dreiläufigen U-Treppe und zwei Viertelpodesten. Das Hausplatzfenster, ein sogenanntes Drillingsfenster, war mit Bleiglasmotiven verziert.
Das Anwesen blieb bis 1975 im Besitz der Familie Leupold. Nach dem Tod von Albin Richard 1908, bewohnten seine Frau Hedwig und die drei Kinder Fritz Georg, Anna Helene Dorothea und Ernst Albin die Villa weiter. Fritz Georg wurde später Direktor der von seinem Onkel Gustav Adolf gegründeten Industriewerke AG. Gemeinsam mit Dr. Arno Mocker leitete er die Geschäfte der großen Gardinenfabrik mit einst 1.500 Mitarbeitern. Nach Kriegsende 1945 musste in der Villa kurzzeitig das Hauptzollamt, das an der Friedenstraße 14 ausgebombt war, untergebracht werden. Anschließend besetzten die stationierten sowjetischen Streitkräfte die Villa und nutzten sie bis Ende 1974 als eigenes Gästehaus. Der Rat der Stadt Plauen war zu dieser Zeit auf der dringenden Suche nach geeigneten Gebäuden für ein Pflegeheim. Unter Zustimmung des Standortältesten, Genossen Kanonski, durften die Leupolds die Villa 1975 an die Stadt Plauen veräußern. Nach einem Generalumbau, bei dem auch die Remise durch einen Erweiterungsbau ersetzt wurde, standen anschließend für 52 pflegebedürftige ältere Menschen moderne Wohnräume zur Verfügung. 1977 wurde der Bau in Betrieb genommen und bis 1996 genutzt. Nach Einweihung, des in unmittelbarer Nachbarschaft errichteten Katholischen Seniorenzentrum St. Elisabeth, zogen die Bewohner der Villa komplett in das neues Domizil um. 1998 erfolgte der Umzug der integrativen städtischen Kindertagesstätte Mommsenstraße in die Villa Schminkestraße 6. Die Trägerschaft der Einrichtung wurde dabei vom Malteser Hilfsdienst übernommen. Es folgten mehrere Sanierungsphasen bei denen das Gebäude instand gesetzt wurde.