Baujahr: 1897 | Bauherr: Max Vollstädt | Architekt: Clemens Illing
Zeichnung aus der Bauakte, 1896
Das Wohnhaus um 1935
Das Gebäude vor der Sanierung
Das Denkmalensemble Obstgartenweg 1 ist ein authentisches Beispiel für die Lohnstickerei im Rahmen des Verlagssystems. Die ihm eigene Flexibilität ließ die Lohnstickerei zur dominierenden
Produktionsform in der Branche avancieren. Im „Special-Adressbuch” der Stadt Plauen aus dem Jahre 1906 sind nachweislich mehr als 700 Stickmaschinenbesitzer eingetragen. Die Sticker befanden sich
in einer sozioökonomisch ambivalenten Lage, weil sie Eigentümer von Maschinen, Anlagen, Gebäuden und Liegenschaften waren und von Verlegern lohnabhängig beschäftigt wurden.
Der Baukomplex Obstgartenweg 1 besteht aus einem giebelständig zur Straße stehenden Wohnhaus. Es wurde im Jahr 1897 für Max Reinhard Vollstädt nach dem Entwurf von Architekt Clemens Illing
errichtet. Um 1903 folgte der Bau des Stickereigebäudes im Auftrag von Albert Schiller. Er veranlasste die Aufstellung von zehn Pantografen-Schiffchenstickmaschinen in zwei Arbeitsräumen. Bis zum
Januar 1997 wurde teilweise noch im Zweischichtsystem u. a. an den 1924 eingebauten Stickmaschinen mit Lochkartensteuerung gearbeitet. Seit Juni 1997 besteht die Möglichkeit, einen Einblick in
die Vielfalt der Herstellungsverfahren von Plauener Spitze und Stickereien zu gewinnen. Durch Vorführung der funktionstüchtigen Maschinen erhalten die Besucher Einblick in die Vielfalt der
Herstellungsverfahren von Plauener Spitze und Stickereien. 2013 hat die Stadt Plauen das Vorkaufsrecht nach § 17 SächsDSchG in Anspruch genommen und ist seither Eigentümerin des Objektes.*
Gestalterisch zeigen die Fassaden klassizistische Einflüsse. Abgesehen von den ursprünglich an den Gebäudeecken vorhandenen Putzquaderungen und den entfernten abgewalmten Gaubendächern ist das
Ensemble im originalen Zustand erhalten. Im Jahre 2019 erfolgte die Instandsetzung des Wohnhauses bei der die Dacheindeckung erneuert wurde und die Fassaden einen neuen Anstrich erhielten. Auch
das Stickereigebäude erhielt eine neue Dacheindeckung, bei der die aus der Erbauerzeit vorhandenen Oberlichter reaktiviert wurden.
* Dagmar Groß, Stadt Plauen, Geschäftsbereich II, Fachbereich Bau und Umwelt, Fachgebiet Umwelt und Stadtplanung, Untere Denkmalschutzbehörde